“Der Sprachverein ist die SA unserer Muttersprache”

Karl-Heinz Göttert zeichnet in seinem neuen Buch die Geschichte des Allgemeinen deutschen Sprachvereins nach – von seiner Gründung im Kaiserreich bis zum Untergang im Jahr 1945. Es ist die Geschichte einer Radikalisierung unter der Fahne der Sprachpflege.

Nachdem 1871 das deutsche Kaiserreich als der erste deutsche Nationalstaat gegründet worden war und die Grenzen des Landes gezogen waren, machten sich auch die Beschützer der deutschen Sprache auf, die Grenzen des Deutschen gegen die welschen Eindringlinge neu zu markieren. Der Germanist Karl-Heinz Göttert, der sich schon mit diversen kenntnisreichen und gut geschriebenen Werken zur deutschen Sprache hervorgetan hat, hat sich mit seinem Ende 2019 erschienenen Buch “Die Sprachreiniger” die Geschichte des Allgemeinen deutschen Sprachvereins (ADSV) vorgenommen. Es ist ein sehr lesenswertes Buch geworden.

Wenn man schon einmal vom ADSV und seinem Kampf gegen Fremdwörter gehört hat, dann sind einem wohl vor allem so kuriose Ersetzungsversuche wie “Tunke” für “Sauce” oder “Rauchrolle” für “Zigarre” in Erinnerung. Nicht ganz so bekannt ist jedoch, wie erfolgreich der Verein in vielen anderen Fällen gewesen ist, etwa im Bereich des Postwesens (z.B. “Absender”, “Umschlag” oder “postlagernd”) oder des Bahnverkehrs (z.B. “Abteil”, “Bahnsteig” oder “Fahrkarte”). Nach frühen Erfolgen dieser Art nahmen sich die nach Zehntausenden zählenden Mitglieder des Vereins einen Gegenstandsbereich nach dem anderen vor und kooperierten dabei auch mit Ministerien, Behörden und großen Unternehmen.

Noch interessanter als die Details dieses langen, oft erfolgreichen Kampfes gegen die damals vorwiegend aus dem Französischen stammenden Fremdwörter, die “wälschen Sudelwörter” (69), ist jedoch Götterts Darstellung der Gründe dieses Kampfes. Von Anfang an ging es nicht einfach nur um Wörter, sondern um viel mehr: um das Deutschtum. “Kaum ein Medium nationalistischer Vorstellungen erwies sich zu deren Ausbildung als so geeignet wie die Sprache” (14), schreibt Göttert und belegt dies mit der vom ersten Tag an verfolgten Zielsetzung des Vereins. Schon in seiner ersten Satzung aus dem Jahr 1886 ist davon die Rede, die “Erhaltung und Wiederherstellung des echten Geistes und eigentümlichen Wesens der deutschen Sprache” pflegen zu wollen, um auf diese Weise “das allgemeine nationale Bewusstsein im deutschen Volke zu kräftigen”.

Sprachpurismus scheint es mitunter eigen zu sein, sich nach und nach immer mehr zu radikalisieren. Wurde bis zum Ersten Weltkrieg aus den zunächst eher harmlosen Sprachreinigungsaktionen ein vollwertiger Sprachnationalismus, entwickelte sich daraus in der Zeit des Nationalsozialismus eine Art Sprachrassismus. “[D]as Wesen der deutschen Sprache [ist] an die Werte der arischen Grundsprache gebunden und [steht und fällt] mit ihnen, so etwa wie das Wesen des gesamten deutschen Volks- und Menschtums ohne die nordische Grundlage undenkbar ist” (308), schrieb etwa ein Wiener Gymnasiallehrer 1936 in der noch heute bestehenden Vereinszeitschrift “Muttersprache”. Oder wie es der Vereinsfunktionär Georg Schmidt-Rohr, später Abteilungsleiter in der Forschungsabteilung der SS, dem “Ahnenerbe”, 1935 formulierte: “Der Geist des Rassetums erscheint in der geschichtlichen Wirklichkeit als Sprache.” (311) Im ADSV, der sich nach seiner bereitwilligen Gleichschaltung inzwischen schlicht in “Sprachverein” umbenannt hatte, sprach man folgerichtig von “Sprachpflege als Rassepflicht”, mit der diese als “artgegründete Sprachzucht” verstanden wird, die “auf dem Wege einer bewußten Wortaufartung einen neuen Adel der Sprache (schafft)” (315). Entsprechend verstand sich der Sprachverein selbst, wie im Titel dieses Beitrags zitiert, als “die SA unserer Muttersprache”.

Die akademische Germanistik verfolgte das Treiben des Vereins größtenteils mit Argwohn. Es herrschte gemäß dem Diktum von Jacob und Wilhelm Grimm die Auffassung, dass sich die Sprache frei entwickeln solle und keine womöglich am Vorbild der Académie française orientierte Sprachpflege zu betreiben sei. Es gab allerdings auch Ausnahmen: Mit dem berühmten Gießener Sprachhistoriker Otto Behaghel schmückte man sich im Gesamtvorstand des ADSV, ab 1933 waren dort der ebenfalls in Gießen lehrende Alfred Götze, NSDAP- und SS-Mitglied, und der später im Nachkriegsdeutschland führende Sprachwissenschaftler Leo Weisgerber aktiv.

Göttert befasst sich in seinem Buch besonders ausführlich mit Weisgerber, der 1964 auch zu den sieben Gründungsvätern des Instituts gehörte, das ich selbst heute leite. Auch wenn Weisgerber nicht der Partei angehörte, war er im besetzten Frankreich als Mitarbeiter einer Propaganda-Abteilung des Militärs tätig, später dann in Heydrichs Reichssicherheitshauptamt. Sein Buch Die volkhaften Kräfte der Muttersprache und andere Veröffentlichungen aus jener Zeit haben Autoren wie Christopher Hutton und Gerd Simon dazu veranlasst, Weisgerber als einen “mother-tongue fascist” oder “Schreibtisch-Terroristen” zu bezeichnen. Nach dem Krieg wurde er als “unbelastet” eingestuft.

“Die Sprachreiniger” endet mit einem Epilog, in dem es auch um die Wiederauferstehung des Sprachvereins nach 1945 als Gesellschaft für deutsche Sprache geht – heute eine durch und durch seriöse Vereinigung, die sogar einige halbstaatliche Aufgaben wahrnimmt. Der Sprachpurismus ist aber nach 1945 keineswegs zu einem Ende gelangt, er hat vielmehr einen neuen Ausdruck und ein neues Ziel gefunden. Hatte der ADSV mit dem Kampf gegen Fremdwörter vor allem ein nationalistisches Anliegen verfolgt, geht es heute eher um einen Antiinternationalismus verbunden mit verschiedenen anderen Ressentiments. Zum Kampf gegen Fremdwörter sind weitere Schauplätze von Sprachschlachten gekommen, die mit ihrer stärkeren politischen Aufladung eine weitaus größere gesellschaftliche Wirkung zu entfalten vermögen. Karl-Heinz Götterts Buch zeigt eindrücklich, wie diese Geschichte schon einmal ausgegangen ist.


Beitragsbild: Postkarte aus dem Ersten Weltkrieg (Ausriss).

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www.lobin.de

Henning Lobin ist seit 2018 Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim (Mitglied der gemeinsam vom Bund und allen 16 Bundesländern finanzierten Leibniz-Gemeinschaft) und Professor für Germanistische Linguistik an der dortigen Universität. Zuvor war er ab 1999 Professor für Angewandte Sprachwissenschaft und Computerlinguistik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Forschungsschwerpunkte bilden die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Sprache, Texttechnologie, Grammatik, Wissenschaftskommunikation und Politolinguistik. Er ist Sprecher der Sektion "Geisteswissenschaften und Bildungsforschung" und Präsidiumsmitglied der Leibniz-Gemeinschaft, Mitglied germanistischer Fachbeiräte ua. von DAAD und Goethe-Institut, er war Mitglied des Forschungsbeirats der Stiftung Wissenschaft und Politik und des Fachkollegiums Sprachwissenschaft der DFG. Lobin ist Autor von neun Monografien und hat zahlreiche Sammelbände herausgegeben. Zuletzt erschienen sind Engelbarts Traum (Campus, 2014, polnische Übersetzung 2017, chinesische Übersetzung 2018), Digital und vernetzt. Das neue Bild der Sprache (Metzler, 2018) und Sprachkampf (Duden, 2021). Bei den SciLogs ist Henning Lobin seit 2014 Autor des Blogs "Die Engelbart-Galaxis", nachdem er dort bereits ab 2008 am Gruppenblog "Interactive Science" beteiligt war.

20 Kommentare

  1. Ich danke Ihnen für diesen interessanten Buchtipp.

    Aber sind Ersetzungsversuche wie ‘Tunke’ für ‘Sauce’ oder ‘Rauchrolle’ für ‘Zigarre’ wirklich kurios – oder nur ungewohnt, weil sie sich nicht durchgesetzt haben? (Tunke ist ja umgangssprachlich gängig.) Hätte sich ein Wort wie ‘Nachruf’ (Epitaph) nicht durchgesetzt, würden wir heute vielleicht auch über diesen Vorschlag lachen.

    • Als problematisch kann man es bei Ersetzungsversuchen wie diesen ansehen, dass die besagten Fremdwörter eigentlich schon gut integriert sind. “Sauce” z.B. wird ja dem deutschen Lautsystem entsprechend ausgesprochen, und es existiert ja auch die bezüglich der Schreibung integrierte Variante “Soße”. Auch “Zigarre” hat eine Rechtschreibanpassung durchlaufen mit dem Z am Anfang, zudem hat ein Genuswechsel stattgefunden (“le cigarre”). Sie haben natürlich recht, dass solche Ersetzungsversuche nur dann kurios sind, wenn sie sich nicht durchsetzen, bei diesen Wörter ist aber eben auch gut zu sehen, wie fragwürdig dieser Versuch an sich schon war.

  2. Meines Wissens gingen solche Tendenzen de “Eindeutschung” bis zur Zeit des Barocks zurück. Denn Französisch war die Sprache, in der auch in Deutschland (Heilige römische Reich) bei Hofe gesprochen wurde. Dies führte dabei auch zu solchen Blüten wie das Ersetzen von Fenster durch ein anderes Wort.

    Gruss
    Rudi Knoth

  3. Vielen Dank für diesen starken Beitrag und Buchhinweis! “Die Sprachreiniger” werde ich auf jeden Fall lesen.

    In 2020 soll ich ja in einer Kommission mitwirken, die die 1934 von den Nazis antisemitisch “gereinigte” Buchstabiertafel wieder herstellen soll. Und klar ist jetzt schon: Ganz unabhängig davon, was wir vorschlagen werden, wird es Shitstorms geben. Das Thema ist viel emotionaler, als gemeinhin angenommen wird…
    https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/die-reform-der-buchstabiertafel-din-5009-die-shitstoermle-werden-kommen/

    Vielleicht ergibt sich ja einmal die Gelegenheit zu einem RL-Austausch, ich würde mich sehr darüber freuen.

    Blognachbarliche Grüße!

  4. Herr Lobin,

    zur Aussage-Form meines Kommentares
    “Wortgewordenes” – teils in Form von Ironie und Zynismus – ist Ausdruck des Unverständnisses über die fragwürdigen und tendenziösen Suggestionen in Ihrem Artikel.

    Zur Orientierung eine Erinnerung
    Von der gesamten indianischen Bevölkerung, die zur Zeit Kolumbus den Erdteil bewohnte, fielen 90 % dem Völkermord zum Opfer. In 12 Jahren ermordeten die Spanier vier Millionen Menschen – plakativ formuliert im Namen Gottes – die sie entweder mit Schwert oder Lanze niederstießen oder lebendig verbrannten. Heute spricht man lieber nur noch von kirchlicher Nächstenliebe.

    Sie berichten über aktuelle Sprachvereine mit der Artikel-Überschrift “Der Sprachverein ist die SA unserer Muttersprache”. Wie aktuell ist dieser Bezug?

    Facing reality (:um es Ihrem Wunsch entsprechend auszudrücken): Sie sind ein Sprachprofi. Sie wissen sehr genau wie Überschriften funktionieren.

    Können sie sich vorstellen, daß Sie mit solchen Überschriften und dem Artikelbezug zu aktuellen (demokratischen, deutschen) Sprachvereinen Hetze betreiben? Können sie sich vorstellen, daß der eine oder die andere mit schlichtem Gemüt oder aber auch der analytisch denkende Mensch Sie als Hetzer wahrnimmt?…

    zu Ihren Aussagen…

    Antiinternationalismus und andere Ressentiments

    Nicht allzu viele – insbesondere junge Menschen – kennen die Bedeutung des Wortes Ressentiment, noch können diese das Wort korrekt schreiben.

    Sprache ist ein Instrument der Kommunikation, losgelöst von „transportierten“ Inhalten. Benennen Sie doch einmal explizit andere Ressentiments mit/im spezifischen Sprachzusammenhang.

    Wörter und Bezeichnungen aus dem französischen Sprachraum, wie Amusement (…stören Sie sich womöglich an der deutschen Variante Amüsement?), Accessoires, à la minute, en vogue und Redewendungen, wie beispielsweise C’est la vie, sind „erfolgreich“ seit langer Zeit in die deutsche Sprache „eingepflegt“. Dieser Prozess ist derzeit weitgehend abgeschlossen Was meinen Sie in dem Zusammenhang mit …“zeigt eindrücklich, wie diese Geschichte schon einmal ausgegangen ist“?

    „Klicken“ Sie und Interessierte (mit Ihrer Computermaus, …geht Ihnen oder den Interessierten vielleicht an dieser »mouse-Stelle« auch ein Licht auf?) zur Orientierung den nachfolgenden Link an: Liste von Gallizismen

    (Wie sieht es mit deutschen Begriffen im französischen oder englisch(/amerikanischen) Sprachraum aus? Gemäß Ihren Artikel-Suggestionen sind diese »Sprachvölker« dann wohl um Dimensionen antiinternationaler als „die Deutschen“.)

    Wenn Sie von (Anti-)Internationalismus der deutschen Sprachbefürworter schreiben, dann meinen Sie realistisch betrachtet (nur) die Kritik an der Überfrachtung und Verdrängung deutscher Begriffe durch fast ausschließlich englische. Spanisch, Italienisch, Türkisch kommt da wohl eher nicht vor.

    Die Leute, die bei jeder Gelegenheit beispielsweise Challenge „strapazieren“, wenn sie Herausforderung meinen, sind letztendlich in der Gesamtbetrachtung eher peinlich zumindest lächerlich, da diese, außer „drei“ englischen Begriffen, so gut wie gar nichts in englischer Sprache verstehen bzw. ausdrücken können.

    Zum Kampf gegen Fremdwörter sind weitere Schauplätze von Sprachschlachten gekommen, die mit ihrer stärkeren politischen Aufladung eine weitaus größere gesellschaftliche Wirkung zu entfalten vermögen.“

    Dann verlassen Sie/„wir“ mal die rein semantische Ebene, indem Sie bitte zum Verständnis konkret(er) werden. Beispiele mit Quellenangaben sind immer hilfreich.

    • @Freyling

      Sie berichten über aktuelle Sprachvereine mit der Artikel-Überschrift “Der Sprachverein ist die SA unserer Muttersprache”. Wie aktuell ist dieser Bezug?
      […]
      Können sie sich vorstellen, daß Sie mit solchen Überschriften und dem Artikelbezug zu aktuellen (demokratischen, deutschen) Sprachvereinen Hetze betreiben?

      Der Artikel behandelt vornehmlich die Geschichte des Sprachvereins im Dritten Reich. Was soll also an der Überschrift, die ja wörtlich von maßgeblichen Vereinsmitgliedern während der NS-Zeit stammt, bemäkelnswert sein? Sie passt zum Duktus des Sprachvereins in der fraglichen Zeit.

      Im Gegenteil fragt man sich, wer den Autor des Artikels auf Grund des Inhalts und/oder der Überschrift als “Hetzer” diskreditieren würde. Doch nur solche Leute, die gerne diesen Aspekt der NS-Geschichte totschweigen möchten und die, so darf man vermuten, in der heutigen Zeit eine ähnlich dumpfe Deutschtümelei in der Sprache durchsetzen möchten, wie sie der verblichene Sprachverein pflegte.

      Können sie sich vorstellen, daß der eine oder die andere mit schlichtem Gemüt oder aber auch der analytisch denkende Mensch Sie als Hetzer wahrnimmt?…

      Freyling, das haben Sie nur zum Teil getroffen. Analytisch denkende Menschen sind bei denen, die angesichts des Artikels zu “Hetzer”-Vorwürfen greifen, nicht dabei. Sondern ausschließlich schlichte Gemüter.

  5. Wenn heutzutage (!) die Beschränkung auf die eigene Sprache, die Ablehnung des Gebrauchs fremder Sprachen und der Versuch, nur die eigene Nationalsprache als Weltstandard durchzusetzen Zeichen für eine chauvinistische anti – internationalistische Haltung sind , dann sind die US -Amerikaner eindeitig die weltgrößte Gruppe von Nationalchauvinisten.
    Gegenargumente?

    • Nun ja Die Amerikaner haben manchen deutsche Worte wie “Kindergarten” übernommen. Und da die Bevölkerung aus den Nachkommen von Einwanderern aus allen Ländern besteht, besteht deren Sprache auch aus Begriffen aus den Ursprungsländern der Einwanderern.

      Gruss
      Rudi Knoth

    • „die US-Amerikaner“

      Im Artikel geht es doch um das Deutsche. Halten Sie, @[kleiner Ludwig] (bearb., Die Sprachreiniger), es für eine Art Rassepflicht, bei kritischen Betrachtungen dazu, mit dem Finger gleich auf andere zu zeigen?

      „Gegenargumente?“

      Ich kann kein Argument erkennen.

  6. “Nationalismus” ist schlecht wenn er im Interesse von Machteliten die Menschen zu inhumanem oder selbstschädigendem Handeln verleitet.

    “Regionalismus “ ist gut, wenn nur dadurch antihumanes internationales Unheil von einer Region abgehalten werden kann.

    “Internationalismus “ ist (nur dann) gut, wenn nur dadurch Schaden von ALLEN Menschen abgewertet werden kann oder
    wenn es nahezu zweifelsfrei bewiesen ist (!). dass damit der großen Mehrheit der Menschen ein besseres bzw. humaneres Leben möglich wird.

  7. Aus der Liste der deutschen Wörter in der französischen Sprache von Wipipedia (Germanismus) fällt mir ein, dass viele der dort ausgeführten Wörter gar nicht in der französischen Sprache gebraucht werden, ich hätte zum Beispiel ihre Bedeutung nicht verstanden, falls ich Deutsch nicht gelernt hätte (vielleicht werden sie nur in Elsaß/Lothringen verstanden und gebraucht, nicht aber woanders in Frankreich, ich stamme aus der Provence).

    Darüber hinaus fällt mir ein, dass ich wiederum bei vielen der dort angeführten gebräuchlichen französischen Wörter gar nicht gewusst habe, dass sie deutschen Ursprungs sind.

    Nur bei ein paar Wörtern aus diese Liste ist mir bewußt, dass sie aus der deutschen Sprache kommen und sie werden auch verstanden und gebraucht überall in Frankreich, wie zum Beispiel:

    le blockhaus (als Bunker, wir sprechen “blokos” aus), le bock (als Bockbier), le bourgmestre (als Bürgermeister, aber nur in Elsaß/Lothringen, sonst ist es “le maire”), l’ersatz, le fridolin/le fritz (der Deutsche, veraltet und abwertend aus den Kriegen), le karcher (Hochdruckreiniger), le leitmotif, le loustic (Witzbold, von lustig), le nazi, le putsch (als Militärputsch), le schnauzer (Hund), le spitz (Hund), und natürlich das lustige Wort le vasistas (Oberlicht, kleines Fenster aus „Was ist das?“)

  8. Jocelyne Lopez,
    Sie haben die Diskussion wieder auf den Erdboden zurückgebracht.
    Wir leben im 21. Jahrhundert und viele Menschen, sei es in Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich,Schweiz, haben Verwandte die zweisprachig sind.Und wenn man dann noch Kindern zuhört, wie die von der einen Sprache zur anderen wechseln oder einfach die fremden Wörter einstreuen, dann kommt man nicht auf die Idee , das abzuändern.
    Meine Schwägerin ,französischsprachig, sagt z.B.” le Milch” , ihre Kinder tun das auch. Warum auch nicht.
    “Sprachreiniger”, dieses Thema sollte im vereinigten Europa der Vergangenheit angehören.

    little Louis,
    was die USA betrifft, die drehen die guten europäischen Filme neu, nur um sie nicht übersetzen zu müssen.

  9. @ Joker
    Im Artikel geht es doch um das Deutsche. Halten Sie, @[kleiner Ludwig] (bearb., Die Sprachreiniger), es für eine Art Rassepflicht, bei kritischen Betrachtungen dazu, mit dem Finger gleich auf andere zu zeigen?
    „Gegenargumente?“
    Ich kann kein Argument erkennen.

    Das ist nun mal ein Merkmal der heutigen Deutschen, dass sie alle gesellschaftlichen Vorgänge vor dem Hintergrund des Dritten Reichs sehen bzw. analysieren und bewerten müssen. Denn die Vergangenheitsbewältigung der Deutschen ist nach mittlerweile 3 Generationen nach dem II. Weltkrieg immer noch nicht abgeschlossen: Die Kollektivschuld wird immer noch empfunden bzw. immer noch von allen deutschen Regierungen gepflegt, das gehört sozusagen zu der deutschen Nachkriegskultur seit 3 Generationen.

    Deshalb ist es aus meiner Sicht kaum möglich, die Meinungen und Befindlichkeiten der Deutschen bei Thematiken über ihre kulturelle Identität mit anderen Nationen zu vergleichen, die Deutschen stehen immer noch unter dem Schuldtrauma bzw. unter kollektivem Minderwertigkeitskomplex wegen dem Nationalsozialismus, was in den anderen europäischen Nationen oder in den USA nicht der Fall ist. Das habe ich auch kürzlich als Französin der 1. Nachkriegsgeneration in einer verwandten Thematik von Herrn Lobin in seinem Blog-Artikel „Die Sprachpolitik der AfD“ dargelegt, siehe zum Beispiel hier.

    • Die Kollektivschuld wird immer noch empfunden bzw. immer noch von allen deutschen Regierungen gepflegt, das gehört sozusagen zu der deutschen Nachkriegskultur seit 3 Generationen.

      Ähm nein, Lopez, von einer Kollektivschuld der heutigen Generationen redet keiner (oder allenfalls Leute mit einem sehr verzerrten Geschichtsverständnis).

      Was aber im deutschen Gedächtnis verankert ist (und meiner Ansicht nach zu Recht), sind die Verbrechen, die im Zusammenhang mit dem Dritten Reich begangen wurden, und das unbedingte Bestreben, eine Neuauflage eines solchen verbrecherischen Regimes zu verhindern. Dazu gehört auch, Entwicklungen, wie sie damals in Richtung Nazi-Herrschaft führten oder zumindest mitgeholfen haben, den Boden dafür zu bereiten (Rassismus, Antisemitismus etc.), klar zu benennen und energisch zu bekämpfen, wenn sie sich heute wieder zeigen.

      Übrigens zähle ich auch die Bagatellisierung der Nazi-Verbrechen wie etwa den Gauland’schen Vogelschiss zu solchen Entwicklungen.

  10. Spritkopf,
    gut gesprochen. Eines muss noch ergänzt werden. Nationalismus ist eine Form der Selbstfindung. Wenn die in einer Kultur, einem Land noch nicht stattgefunden hat, dann laufen die Menschen einer Fahne hinterher. Vergessen Sie nicht, das Land Thüringen existierte von 1920 bis 1933 als selbständiges Land. Also 13 Jahre. Nach dem 2. Weltkrieg existierte Thüringen von 1990 bis heute, also 30 Jahre. Das ist nicht viel. Zu wenig um ein “Landesbewußtsein” aufzubauen, wie es z.B. die Bayern haben. Wenn man solche Selbstfindungsbestrebungen zu stark bekämpft, dann erreicht man das Gegenteil, so wie es im Augenblick aussieht.

  11. Spritkopf
    “Kollektivschuld”
    Welches Kollektiv ? Die Nazis hatten bei Wahlen nie eine Mehrheit und wurden also von der Mehrheit der Deutschen nicht gewählt. Dank großbürgerlicher Kräfte und Interessengruppen der Wirtschaft sind sie an die Macht gekommen und haben diese Nation für ihre Zwecke missbraucht. Nicht das Deutsche Volk trägt also die Schuld, sondern die, die es als Kanonenfutter für die Durchsetzung ihrer perversen Machtinteressen benutzt haben und die dann in Nürnberg 1946 auf der Anklagebank gesessen haben, nebst Vertretern dieser Allianz aus Politik und Wirtschaft, also Ideologie und Profitstreben.
    Ansonsten habe ich gestern im TV erfahren, dass in Deutschland inzwischen in jedem zehnten Haushalt nicht mehr Deutsch gesprochen wird, dass zum Beispiel in Essen in bestimmten Stadtteilen bei einen Migrationshintergrund von über 80 Prozent Deutsch erste Fremdsprache ist. Dieser Trend wird sich verstärken und sie können sich ausmalen wie dieses Land in naher Zukunft aussehen wird.

  12. @Querdenker

    Die Nazis hatten bei Wahlen nie eine Mehrheit und wurden also von der Mehrheit der Deutschen nicht gewählt.

    Das ist eine beliebte Legende der Verharmloser und Kleinredner der Nazigeschichte. Dabei verschweigen sie, dass bei den letzten drei Reichstagswahlen vom Juli 1932, November 1932 und März 1933 die NSDAP jeweils mit großem Abstand stärkste Fraktion wurde, zuletzt mit 43,9 Prozent der Stimmen.

    Dank großbürgerlicher Kräfte und Interessengruppen der Wirtschaft sind sie an die Macht gekommen und haben diese Nation für ihre Zwecke missbraucht.

    Die haben kräftig mitgeholfen, aber die Weimarer Republik ist vor allem daran gescheitert, dass zum Schluss die Mehrheit der Bevölkerung radikale und antidemokratische Parteien wie die NSDAP, die KPD und die DNVP bzw. ihre Nachfolger gewählt hat und somit der Konsens darüber, dass die Wähler an der parlamentarischen Demokratie festhalten wollen, nicht mehr vorlag. Von “Missbrauch der Nation” kann überhaupt nicht die Rede sein.

    Nicht das Deutsche Volk trägt also die Schuld, sondern die, die es als Kanonenfutter für die Durchsetzung ihrer perversen Machtinteressen benutzt haben und die dann in Nürnberg 1946 auf der Anklagebank gesessen haben, nebst Vertretern dieser Allianz aus Politik und Wirtschaft, also Ideologie und Profitstreben.

    Mythos der Verharmloser, wie gesagt.

    Ansonsten habe ich gestern im TV erfahren, dass in Deutschland inzwischen in jedem zehnten Haushalt nicht mehr Deutsch gesprochen wird, dass zum Beispiel in Essen in bestimmten Stadtteilen bei einen Migrationshintergrund von über 80 Prozent Deutsch erste Fremdsprache ist. Dieser Trend wird sich verstärken und sie können sich ausmalen wie dieses Land in naher Zukunft aussehen wird.

    Und zum Schluss noch ein bißchen AfD-Katastrophengelaber. Gehört zwar nicht wirklich zum Thema, passt aber ins Bild.

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