Wird aus Sprache Gewalt?

Nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und weiteren Mordanschlägen in der jüngsten Vergangenheit wurde in Kommentaren und Stellungnahmen immer wieder behauptet, dass hier Sprache in Gewalt umgeschlagen sei. Dies ist einerseits naheliegend vor dem Hintergrund dessen, was wir über die Täter und ihre Äußerungen wissen. Was aber sagt die Wissenschaft dazu? Wie ist aus sprach- und kommunikationswissenschaftlicher Sicht dieser angenommene Zusammenhang zu bewerten?

„Dem Mund, der Hassparolen brüllt, folgt die Faust“, schrieb der Dichter Durs Grünbein schon im Januar in der ZEIT. Die Wirkung von Sprache ist auch in der Wissenschaft ein Thema mit langer Tradition. Für die Sprachwissenschaft ist die Ebene der Handlung seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine feste Bezugsgröße. In der Folge von Ludwig Wittgenstein „entdeckte“ der britische Philosoph John Langshaw Austin den performativen Sprechakt, mit dem eine reale Handlung vollzogen wird:[1] „Ich taufe dich…“, „Sie werden verurteilt zu…“. John Searle baute dies zur Sprechakttheorie aus, nach der mit jeder Äußerung eine Handlung vollzogen wird, meistens eine kommunikative Handlung: Informieren, Fragen, Drohen, Versprechen etc. Eine Antwort auf die Frage nach der Wirkung von Sprache bietet diese für die Linguistik des 20. Jahrhunderts so zentrale Theorie jedoch nicht. Allerdings weitet John Searle mit dem Konzept der indirekten Sprechakte das Feld des Handlungsbezugs von Sprache weiter aus. Durch sie können die mentalen Zustände erklärt werden, die ein Hörer durchläuft, der aufgrund einer Äußerung eine Handlung vollzieht, die selbst aber nicht direkt in der Aussage angelegt ist.[2]

Einer der Vorläufer der modernen Sprachwissenschaft in der Antike, die Rhetorik, versuchte als Erfahrungswissenschaft die Wirkung von Sprache methodisch in den Griff zu bekommen. Neben der Gerichtsrede und der Lobrede bildete die politische Rede die dritte Grundform der Gattung, und diese zielte darauf ab, vom Redner gewünschte Handlungsintentionen bei den Zuhörern hervorzurufen. Die praktische politische Rhetorik verfolgt bis heute dieses Ziel, die Auswüchse der politischen Rhetorik als Propaganda ist uns allen im Ohr. Das wirklich mit Sicherheit in einer gewünschten Weise wirkende rhetorische Mittel gibt es jedoch nicht. Das liegt daran, dass zu viele Parameter hineinspielen, um einen Menschen zu einer bestimmten Handlung oder Meinung zu bewegen.

Empirische Rhetorikforschung

Nach den Erfahrungen des zweiten Weltkriegs versuchte Carl Hovland, die Wirkung politischer Propaganda experimentell zu erforschen, um dadurch die Rhetorik auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen.[3] Diese Forschungen basierten auf dem Stimulus-Response-Modell der behavioristischen Psychologie und konnten eine Fülle von Faktoren offenlegen, die die politische Meinungsbildung beeinflussen. Allerdings konnten sie keine Generalisierungen finden, die eine eindeutige Bewertung der verwendeten sprachlichen oder visuellen rhetorischen Mittel zuließ. Auch Paul Lazarsfeld, der Begründer der empirischen Sozialforschung, untersuchte in jener Zeit die Wirkung der Medien auf die Ausbildung von Entscheidungen. Für Wahlentscheidungen stellt er fest, dass Medien weniger zu einer Veränderung von Entscheidung führen, sondern eher zu einer Verstärkung bereits getroffene Entscheidungen.[4] Diese Erkenntnis scheint sich derzeit in Hinsicht auf soziale Medien bestätigen zu lassen.

In den 50er und 60er Jahren differenzierte sich die Medienwirkungsforschung in verschiedene Richtungen aus, wobei gerade für die sprachliche Dimension in neuerer Zeit die Framing-Theorie besondere Bedeutung erlangte. Diese gibt es in unterschiedlichen Varianten. In der kognitivistischen Variante nach Georg Lakoff besteht ein enger Zusammenhang mit der Verwendung sprachlicher Metaphern.[5] Diese prägen die Wahrnehmung eines bestimmten Gegenstandsbereichs und legen bestimmte Deutungen, Bewertungen und Schlussfolgerungen nahe. Wenn ein Politiker etwa als ein „Volksverräter“ bezeichnet wird, wie es im Fall von Walter Lübcke geschehen ist, dann werden die Deutung „Straftäter“, die Bewertung „negativ“ und die Schlussfolgerung „Maßnahmen gegen einen solchen Menschen ergreifen“ aktiviert.

Inwieweit ein solches Framing tatsächlich zu konkreten Handlungen führt, ist Gegenstand sozialpsychologischer Untersuchungen. Daniel Kahneman referiert in seinem berühmten Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ eine Vielzahl von derartigen Einflüssen auf Handlungsentscheidungen.[6] Kausale Rückschlüsse auf die Gründe für eine Entscheidung lassen diese allerdings nicht zu, sondern zeigen allenfalls statistische Zusammenhänge auf.

Inzivile Kommunikation in Sozialen Medien

In einem Übersichtsartikel für die Konrad-Adenauer-Stiftung haben erst kürzlich Anna Sophie Kümpel und Diana Rieger Ursachen und Wirkung „inziviler“ Kommunikation in sozialen Medien aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive betrachtet.[7] Sie verweisen auf Studien, nach denen die Konfrontation mit Äußerungen, die herabwürdigenden, beleidigenden oder diffamierenden Charakter haben, einen Zuwachs an „negativen Emotionen und Wutgefühlen“ (S. 21) bewirkt und sogar ein Zusammenhang mit aggressivem Verhalten festgestellt werden kann (vgl. S. 22). Auch die Verstärkung des eigenen inzivilen Kommunikationsverhaltens wird in einer solchen Konfrontation wahrscheinlicher. Für eine ganze Reihe weiterer Facetten der Wirkung inziviler Online-Kommunikation, etwa bezüglich spezifischer Personengruppen, liegen Erkenntnisse vor, die gesellschaftliche Problematik der sprachlichen Enthemmung in diesem Medium insgesamt klar aufzeigt, ohne wiederum für einzelne Erscheinungsformen Kausalitäten aufdecken zu können.

Auch zur Frage, wie mit inziviler Online-Kommunikation umgegangen werden soll, liegen inzwischen Analysen der Wirkung einzelner Ansätze vor. So erweisen sich lauf Kümpel und Rieger Moderation, Gegenrede, Gegenbotschaften und die Förderung von Medienkompetenz in unterschiedlichem Maße als einzige Möglichkeiten, inziviler Kommunikation entgegenzutreten und ihre schädliche Wirkung auf die Gemeinschaft einzudämmen.

Die siebte Sprachfunktion

In Laurent Binets satirischem Roman „Die siebte Sprachfunktion“ von 2015 kreist die Handlung um eine geheimnisvolle Eigenschaft von Sprache, deren Beherrschung einem Menschen uneingeschränkte rhetorische Macht über andere Menschen verleiht. Neben den bekannten sechs Funktionen von Sprache, die Roman Jakobson 1960 in seinem Kommunikationsmodell beschrieben hat, ist die siebte Funktion nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten zugänglich und so begehrt, dass dafür reihenweise Mordanschläge verübt werden. Für Politiker vielleicht bedauerlicherweise, für uns alle jedoch glücklicherweise wird diese im Roman beschriebene siebte Sprachfunktion in der Realität wohl nie gefunden werden. Allenfalls Anhaltspunkte für sprachliche Wirkung können in Rhetorik, Linguistik und Kommunikationswissenschaft ausgemacht werden.

Hassrede, Verleumdungen und andere Formen inzivilen Kommunizierens in den Sozialen Medien entfalten zwar eindeutig eine Wirkung, aber welche Auswirkung dies im Einzelnen hat, welche Handlungen dadurch ganz konkret induziert werden, entzieht sich auch zukünftig der Vorhersage.

 

[1] Vgl. John Austin (1962): How to Do Things with Words. The William James Lectures delivered at Harvard University in 1955. Oxford.

[2] John Searle (1969): Speech Acts: An Essay in the Philosophy of Language. London.

[3] Vgl. Carl I. Hovland, Arthur A. Lumsdaine und Fred D. Sheffield (1949): Experiments on Mass Communication. Princeton.

[4] Paul F. Lazarsfeld, , Bernard Berelson und Hazel Gaudet (1944): The People’s Choice. How the Voter Makes up his Mind in a Presidential Campaign. New York.

[5] George Lakoff, Elisabeth Wehling (2008): Auf leisen Sohlen ins Gehirn. Politische Sprache und ihre heimliche Macht.  Heidelberg.

[6] Daniel Kahneman (2012): Schnelles Denken, langsames Denken. München (engl. Original 2011).

[7] Anna Sophie Kümpel und Diana Rieger (2019): Wandel der Sprach- und Debattenkultur in sozialen Online-Medien. Berlin: Konrad-Adenauer-Stiftung.

Beitragsbild: Cover des Romans “Die siebte Sprachfunktion” von Laurent Binet (eigenes Foto)

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

www.lobin.de

Henning Lobin ist seit 2018 Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim (Mitglied der gemeinsam vom Bund und allen 16 Bundesländern finanzierten Leibniz-Gemeinschaft) und Professor für Germanistische Linguistik an der dortigen Universität. Zuvor war er ab 1999 Professor für Angewandte Sprachwissenschaft und Computerlinguistik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Forschungsschwerpunkte bilden die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Sprache, Texttechnologie, Grammatik, Wissenschaftskommunikation und Politolinguistik. Er ist Sprecher der Sektion "Geisteswissenschaften und Bildungsforschung" und Präsidiumsmitglied der Leibniz-Gemeinschaft, Mitglied germanistischer Fachbeiräte ua. von DAAD und Goethe-Institut, er war Mitglied des Forschungsbeirats der Stiftung Wissenschaft und Politik und des Fachkollegiums Sprachwissenschaft der DFG. Lobin ist Autor von neun Monografien und hat zahlreiche Sammelbände herausgegeben. Zuletzt erschienen sind Engelbarts Traum (Campus, 2014, polnische Übersetzung 2017, chinesische Übersetzung 2018), Digital und vernetzt. Das neue Bild der Sprache (Metzler, 2018) und Sprachkampf (Duden, 2021). Bei den SciLogs ist Henning Lobin seit 2014 Autor des Blogs "Die Engelbart-Galaxis", nachdem er dort bereits ab 2008 am Gruppenblog "Interactive Science" beteiligt war.

24 Kommentare

  1. Der schärfere Ton in der Sprache und Gewalt haben die gleiche Ursache.
    Der Ärger über die Zustände ist gerechtfertigt.
    Extreme Gewalt rechtfertigt das freilich nicht.

  2. Hassparolen brüllen und Hass schriftlich ausdrücken ist nicht vergleichbar. „Schriften“ fehlen wichtige kommunikative Merkmale. Emotionen lassen sich ohne Gestik, Mimik und entsprechende Gestaltungs-Variationen (Intonation) nur reduziert ausdrücken. Plakativ formuliert: Sprache in Schriftform schlägt im Vergleich zur direkten (sichtbaren) Rede nur selten in Gewalt um.

    Am Rande bemerkt: Der medial und politisch gewollte Fokus auf (Sprach-)Gewalt von Rechts entspricht nicht annähernd der quantitativen Wirklichkeit, wenn man sich im Vergleich (sowohl national als auch international) die reale Gewalt „linker“ und religiös motivierter Randale, Einzel-Verbrechen und Terrorakte verdeutlicht.

    Reales zur Erinnerung: Feinde Israels und Feinde der Juden sind programmatisch fest mit der arabischen Welt verankert. Die VAE lassen exemplarisch grüssen. Staatsbürgern von Israel verweigern die emiratischen Einreisebehörden sowohl die Einreise als auch die Durchreise. Besucher mit nicht-israelischer Staatsangehörigkeit sind dazu angeraten, keine Reisepässe mit israelischen Stempelvermerken für die Einreise nach VAE zu nutzen…

  3. Alles was wir tun ist Kommunikation.
    Wenn diese Kommunikation nun ungerecht, bzw. widersprüchlich zu den definierten Werten ist, sie zu “Werte” / zu Kommunikationsmüll macht, dann ist Gewalt absolut kein Wunder oder Phänomen.

    Im Kreislauf des geistigen Stillstandes seit der “Vertreibung aus dem Paradies” und des stets zeitgeistlich-reformistischen imperialistischen Faschismus, da ist unsere Kommunikation DER Ausdruck unserer gepflegten Bewusstseinsschwäche in Angst, Gewalt und “Individualbewusstsein”!?

  4. Als Arbeitsloser könnte ich hier einiges beschreiben was bei mir zu Hass- und Gewaltgedanken führt, aber besonders als Ohnmächtiger eines Opfers der Geschäftemacherei der Altenheim-Mafia, wo fehlende soziale Kompetenz direkt aus der gesellschaftlichen Ignoranz zur profitablen Gleichgültigkeit erwächst, da … 😠

  5. Man kann zweifelsfrei behaupten: Unsere Sprache ist Gewalt im nun “freiheitlichen” Wettbewerb, die immer und immer wieder nur Gewalt produziert.

  6. Der Volksmund ist meistens treffend und bezeichnet falsche Behauptungen als “Rufmord“.

    Den darf die Justiz nicht tolerieren sondern muss ihn verfolgen.
    Unsere Skandaljournalismus geht auch zu locker mit Verdächtigungen um.

    Was fehlt ist eine Politkultur.

    hto,
    Die Sprache ist nicht von vornherein gewalttätig. Man kann doch nicht so “locker vom Hocker” behaupten, dass Mütter ihren Kindern Gewalt anerziehen.

  7. “Wird aus Sprache Gewalt ?”
    Ich halte diese Fragestellung für sehr naiv . SPRACHE widerspiegelt nur den gesellschaftlichen Zeitgeist bzw. die Werte, die ihn prägen. Menschen sprechen dann also eine SPRACHE, die dieser Zeitgeist(Gesellschaft) ihnen als gültige Umgangsform mitgibt . Wenn ich zum Beispiel die “Sprache” der Medien nach 2015 sehe, dann wird Sprache zu einer “Einheitssprache” mit vorgegebenen Denkmustern. Wer dann anderer Meinung ist, bekommt die GEWALT der Sprache zu spüren, die wiederum die Gewalt der Macht ist. Die Ursache von Verrohung und Brutalität ist also nicht die Sprache, sondern die gesellschaftlichen Werte, die solche Charaktereigenschaften fördern bzw. sogar verlangen um etwas zu werden ,Karriere zu machen, Geld zu verdienen etc….

  8. Nicht neu und auch etwas trivial – aber recht zutreffend:

    Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Deine Worte.
    Achte auf Deine Worte, denn sie werden Deine Handlungen.
    Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Deine Gewohnheiten.
    Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.
    Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.

    Zitat: … werden die Deutung „Straftäter“, die Bewertung „negativ“ und die Schlussfolgerung „Maßnahmen gegen einen solchen Menschen ergreifen“ aktiviert. Man assoziiert, re-/agiert eben subjektiv. Je nach (kultureller und genetischer) Beeinflussung/Prägung – “Wissen”.

    Denken (s.o.) steht am Anfang. Wobei aber, wie gesagt, davor wiederum Beeinflussungen/Prägungen kommen. “Kausale Rückschlüsse” oder auch “statistische Zusammenhänge” gibt es durchaus. Für Alles gibt es Gründe/Ursachen (Kontext). Manche jedoch sind nicht so des sich damit Beschäftigens wert (vernachlässigbar).

    “Komplexeres” dazu ggfls. die Wikiseite zu C.S. Peirce bzw. die Abschnitte Bewusstsein, Wahrnehmung, Semiotik und Erkenntnistheorie.

  9. Axel Krüger,
    Die alte jüdische Weisheit, die den Zusammenhang von Denken und Handeln belegt, gilt immer noch.
    Die Nazis haben das der Welt vorexerziert.

    Querdenker,
    du unterschätzt die Sprache.
    Wenn es keinen Begriff für “Freiheit” gibt, dann gibt es auch keine Freiheit. Wenn es keinen Begriff für Gleichberechtigung gibt, dann bleiben die Frauen nicht gleichberechtigt.

  10. @Axel Krüger

    “Achte …”

    Das passt zu den Vorurteilen / der gewohnten Schuld- und Sündenbocksuche in der systemrational-gepflegten Bewusstseinsschwäche!

  11. “Freiheit” ist eine Illusion, oder Unwahrheit des Kreislaufes.

    Freiheit, nur wenn sie wirklich-wahrhaftig zweifelsfrei-eindeutig ist!
    😎

  12. @Axel Krüger
    Danke für den Hinweis auf Charles Sanders Peirce. Ich kannte ihn noch nicht, er scheint ein hochinteressanter Denker gewesen zu sein und es scheint lohnend etwas von ihm zu lesen.
    Der Einsatz von Mathematik, Statistik und Logik und ihre mühelose Beherrschung als Werkzeug*, sollte auch bei Sozial-und Sprachwissenschaften selbstverständlich sein, um überhaupt nachprüfbare Aussagen treffen zu können.
    *Inklusive des Wissens um die Fallen menschlichen Denkens im Umgang mit Sprache und Statistik, die Kahnemann in seinem hier erwähnten Klassiker Thinking Fast and Thinking Slow herausgearbeitet hat.

  13. “Die Gedanken sind frei” – Ja, daran wird einem fanatischen Anhänger dieser Welt- und “Werteordnung” doch klar, dass es nicht allein wünschenswert ist den “niederen Chargen” die Sprache und das Lesen und Schreiben besser nicht beizubringen, das Denken ist vor allem ein Problem, welches Genetik, Robotik und wenn nötig auch Chirurgie für die “schöne neue Welt” zu lösen frohlockt!?😒

    Damit für die Zukunft der Bewusstseinsbetäubung viel passender gilt: “Dumm wird man nicht geboren, dumm wird man gemacht” 😎

  14. Wenn ich lese wie Sprache/Kommunikation im wissenschaftlichen Feitstanz um Statistiken und Mathematik betrieben werden soll, dann geht mir nicht nur das “Messer in der Tasche” auf. 😠

    Für “nachprüfbare Aussagen” empfehle ich nachhhaltige Enteignung, Verarmung und marginalisierte “Flexibilisierung”. 😎

  15. Zu Fliegenklatsche:
    Ich unterschätze die Sprache nicht- ganz im Gegenteil.
    Mit Sprache kann man Menschen manipulieren, fanatisieren, aufheizen, korrumpieren, verdummen, Gehirnwäsche betreiben etc…SPRACHE ist ein (das) Instrument, um Interessen durchzusetzen. Der Intelligenzgrad des jeweiligen Sprechers bestimmt seinen Sprachschatz. Sprache kann so brutal ,roh, messerstechend ,mörderisch werden, wie der Benutzer. SPRACHE ist nicht die Ursache sondern nur die Erscheinung des Übels.

  16. @Querdenker

    “… nur die Erscheinung des Übels.”

    Und in dieser Sprache wird Mensch zu Suppenkaspermentalität gebildet, wobei die Intelligenz mit dem Erreichen eines höheren Standes/Grades in der Hierarchie systemrational degeneriert/blockiert.

  17. Rein sprachlich/linguistische Überlegungen werden werden dem Problem nicht gerecht. Ja
    Der Mord an Walter Lübcke beispielsweise kann durchaus mit Tiraden gegen ihn auf Twitter in Zusammenhang gebracht werden. Aber es ist nicht die Sprache allein, die dafür verantwortlich ist, sondern die Tatsache dass er zur Zielscheibe gemacht wurde und das quasi öffentlich. Ja, durch die sozialen Medien können Personen auf einer Art virtuellen Todes-, mindestens aber Angriffsliste erscheinen. Und je mehr davon wissen, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, dass ein „Irrer“ darunter ist, der dann handelt und quasi einen Punkt auf der Todesliste abarbeitet.
    Es geht hier also um ein kollektives Phänomen, um die Bildung einer virtuellen Gemeinschaft von Kopfgeldjägern, wobei das Kopfgeld hier die innere Belohnung für die Erfüllung des „Auftrags“ ist – des Auftrags jemanden auf der Todesliste zu liquidieren.

  18. Aktuell auf SPON, passend zum meinem Kommentar vom 18.08.2019, 23:06 Uhr: Journalist klagt gegen BKA Auf der Neonazi-Feindesliste

    Zehntausende Menschen tauchen als “politische Feinde” auf Listen von Rechtsextremen auf. Die Behörden informieren die Betroffenen häufig nicht. Ein Journalist will mit einer Klage Transparenz erzwingen.

    Auf so einer Feindesliste kann man nur schon landen, wenn man Ziel eines Angriffs auf Twitter wurde – was für Walter Lübcke ja zutrifft

  19. Ein mutiger Blogpost, danke.

    In dem Satz “In der Folge von Ludwig Wittgenstein „entdeckte“ der britische Philosoph…” am Anfang scheint mir noch der Name eines britischen Philosophen zu fehlen.

    Die Aussage zur Statistik und Kausalität finde ich allerdings nicht so überzeugend: Erstens geht der Mainstream in der philosophischen Forschung zurzeit selbst von einem statistischen Kausalbegriff aus. Zweitens ist das im Zivilrecht etwa gängige Praxis, wenn es beispielsweise um Schadensersatzforderungen geht und eine Handlung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Schaden verursacht hat.

    Ich selbst denke, dass Sprache allein niemanden zum Mörder macht. Wenn sie aber ein Klima erzeugt, in dem Gewalttaten als gerechtfertigt oder gar geboten dargestellt werden, dann kann ich mir schon vorstellen, dass dies Gewalttaten wahrscheinlicher macht.

    • Haben Sie vielen Dank für diesen Hinweis, der bislang allen durchgegangen ist, Herr Schleim. Ich habe den Namen dieses britischen Philosophen bereits ergänzt: John Langshaw Austin. Was Sie zu Statistik und Kausalität sagen, ist ein sehr interessanter und wichtiger Punkt. In der Sprach- und Kommunikationswissenschaft ist man traditionell vorsichtig, wenn es um Kausalitäten geht, aber die Massendatenorientiertheit der Forschung eröffnet auch hier eine neue Perspektive, die diese Frage auf die Tagesordnung setzt. Es wäre wünschenswert, wenn sich auch die öffentlichen Diskussion anstatt um quasi-physikalische Kausalitäten (die hier ja nie festgestellt werden können) um relative Wahrscheinlichkeitsanstiege durch inziviler Kommunikation drehen würde, denn ich stimme Ihnen darin zu, dass dies ja der Punkt ist, um den es eigentlich geht.

  20. Ich denke, dass solche “Wahrscheinlichkeitsanstiege” das Einzige sind, was wir in den Sozialwissenschaften erwarten können, schlicht weil die Menschen so unterschiedlich sind.

    Das ist aber nicht schlimm. Auch die Physik arbeitet seit langer Zeit mit Wahrscheinlichkeitsaussagen. Die Lebenswissenschaften sowieso.

Schreibe einen Kommentar


E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.
-- Auch möglich: Abo ohne Kommentar. +